Allergie oder Intoleranz?

Mit dieser Frage kommen oft die Betroffenen in den verschiedensten Gesprächen oder Gruppentreffen auf mich zu: „Obwohl ich, wie ich glaube, die Verdauungsenzyme richtig und ausreichend nehme, kann es sein, dass ich eine Unverträglichkeit oder Allergie gegen Weizen, Milchzucker oder Fruchtzucker habe?“

Weiter wird geschildert, dass Betroffene monatelang unter quälender Übelkeit, aufgeblähtem Bauch oder massiven Durchfällen leiden. Um mir ein eigenes Bild zu machen, frage ich nach: Wann treten diese Symptome auf? Vor dem Essen, während oder nach dem Essen?
Oft denke ich dabei an eine Nahrungsmittelunverträglichkeit wie z. B. auf Weizen, Milchzucker (Laktose) und Fruchtzucker (Fruktose). Ich weiß aber auch, dass diese Unverträglichkeiten, die sogenannten Intoleranzen, nicht so häufig auftreten wie man das oft vermutet. Ob es sich bei den geschilderten Beschwerden tatsächlich um eine Intoleranz handelt, ist nicht so leicht zu beantworten. Man könnte sagen, man sucht die Nadel im Heuhaufen.

 

Was ist eine Weizenallergie?

Sie wird in der Medizin als krankheitsauslösende Abwehrreaktion des Körpers auf verschiedene Eiweiße im Weizen bezeichnet. Diese kann entstehen durch Einatmen von Getreidestaub (Bäckerasthma) oder durch den Verzehr von Weizenprodukten. Bei Kindern tritt die    Weizenallergie häufiger auf als bei Erwachsenen. Bei manchen Betroffenen tritt sie nur zusammen mit anderen Faktoren wie z. B. körperlicher Anstrengung auf.
Die einzige wirksame Therapie ist nach meinem Wissen die konsequente Vermeidung des auslösenden Allergens (Weizen). Auf Grund der Ähnlichkeit der Allergene in Wildweizen, Hartweizen, Einkorn, Emmer, Kamut, wilder Spelzweizen, Dinkel und Grünkern sollten auch diese vermieden werden.

Was ist eine Zöliakie?

Es ist eine dauerhafte Immunreaktion des Körpers gegenüber Gluten. Sie kann sowohl als Allergie als auch als Autoimmunerkrankung angesehen werden, die durch das Klebereiweiß Gluten in Getreidearten wie z. B. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Couscous und Grünkern ausgelöst wird. Aber nicht nur das Gluten als Antigen, sondern auch die genetische Veranlagung und zum Teil noch unbekannte Faktoren können die chronische Erkrankung auslösen.

Etwa 1% der Gesamtbevölkerung ist betroffen. Die einzige anerkannte Therapie ist die lebenslange strikte Einhaltung der glutenfreien Ernährung. Heute hat man gute Voraussetzungen, mit dieser Erkrankung zu leben, denn es gibt inzwischen viele glutenfreie Nahrungsmittel.

Glutenfrei

Was ist eine Laktose-Intoleranz?

Der Laktoseintoleranz liegt ein Mangel an dem Verdauungsenzym Laktase zugrunde. Obwohl dieser Mangel meist genetisch verursacht ist, macht er sich meist erst im Erwachsenenalter bemerkbar. Betroffene sollten Milch oder Milchprodukte reduzieren, wobei ein vollständiger Verzicht nicht immer notwendig ist. Die eigene Toleranzgrenze muss jeder selbst herausfinden und austesten. Es gibt heute Medikamente mit dem Enzym Laktase, die helfen können, Beschwerden vorzubeugen.

Was ist eine Fruktose-Intoleranz?

Es handelt sich um eine Unverträglichkeit von Fruchtzucker. Zu beachten ist, dass Fruchtzucker nicht nur in Obst, Säften, süßen Getränken, sondern auch in Süßigkeiten, Gemüsekonserven oder Fertiggerichten vorkommen kann. Wird Fruktose in Verbindung mit Fett und Eiweiß (Milchprodukten) verzehrt, verlangsamt sich die Aufnahme und kann dadurch verträglicher werden.

Wie stellt man eine Allergie oder Intoleranz fest?

Um herauszufinden, ob es sich um eine Allergie oder Intoleranz handelt, muss man Testungen beim Arzt machen lassen. Wenn die Symptome immer wieder nach der Aufnahme eines bestimmten Nahrungsmittels auftreten, ist das sinnvoll. Eine unentdeckte Allergie kann lebensgefährlich sein und muss deshalb vom Arzt abgeklärt werden. Eine Intoleranz kann lästig sein und die Lebensqualität einschränken, ist aber nicht lebensgefährlich.

Was ist der Unterschied zwischen Allergie und Intoleranz?

Bei einer Nahrungsmittelallergie handelt es sich um eine Reaktion des Immunsystems. Bei Intoleranz handelt es sich meist um Stoffwechselprobleme. Wer z. B. Milchzucker nicht verträgt, hat zu wenig Laktase im Darm, sodass der Milchzucker aus der Nahrung nicht aufgespalten und dadurch nicht richtig verdaut werden kann.

Bei Fruktose ist die Kapazität eines speziellen Transporter-Systems im Darm überschritten. Unverdaut gelangt der Zucker in tiefere Darm- abschnitte, wo sich verstärkt Gas bildet. Blähungen entstehen. Beschwerden, wie z. B. Bauchschmerzen, Krämpfe, Übelkeit oder Durchfall, können aber auch Symptome anderer Erkrankungen sein, die unbedingt von einem Facharzt bzw. Gastroenterologen abgeklärt werden müssen. Es muss ausgeschlossen werden, dass es sich um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bakterielle Infektion oder ein Reizdarm-Syndrom handeln könnte.

Was tun bei Verdacht?

Hat man den Verdacht, dass eine Unverträglichkeit besteht, kann das Führen eines Ernährungsprotokolls in Form eines Tagebuchs hilfreich sein. Hier sollte über einen Zeitraum von 14 Tagen aufgeschrieben werden, was man wann gegessen hat und wieviel und welche Probleme aufgetreten sind. Dabei es wichtig zu wissen, dass Allergien und Intoleranzen zwar schon innerhalb weniger Stunden, aber auch noch bis zu zwei Tagen nach der Mahlzeit auftreten können.

Welche Untersuchungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der Frage, ob Laktose- oder Fruktose-Intoleranz vorliegt, kann ein Wasserstoff-Atemtest Sicherheit geben. Es wird eine Milch- oder Fruchtzuckerlösung getrunken. Der Zucker wird im Darm durch Bakterien zersetzt, diese stellen Wasserstoff her. Der produzierte Wasserstoff wird durch die Darmwand ins Blut abgegeben und schließlich über die Lunge ausgeatmet. Ist der Gehalt von Wasserstoff in der Atemluft erhöht, liegt eine Unverträglichkeit vor.

Eine Zöliakie zu diagnostizieren, bedeutet in der Regel einen größeren Aufwand, da es sich hierbei um eine entzündliche Reaktion des Darms auf das Klebereiweiß Gluten handelt. Die Bestimmung spezieller Antikörper im Blut und eine Spiegelung des Dünndarms, bei der Gewebeproben entnommen werden, sind gängige Vorgehensweisen, um die Diagnose Zöliakie zu bestätigen.
Leider dauert es oftmals sehr lange, bis ein eindeutiges Ergebnis vorliegt. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Beschwerden von Betroffenen nicht ernst genug genommen werden und man denkt häufig erst sehr spät an Zöliakie, insbesondere dann, wenn nicht Darm-, sondern Hautprobleme auftreten.

Bei der Testung auf Zöliakie ist es von großer Bedeutung, dass nicht schon länger eine glutenfreie Ernährung stattgefunden hat. Ansonsten lassen sich die Antikörper gegen die Gluten-Bestandteile im Blut nicht mehr nachweisen. Auch wurde in die Behandlungsleitlinien zur Zöliakie die sogenannte Weizensensitivität aufgenommen. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Ausschlussdiagnose, die auch „Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität“ genannt wird.
Zwar haben viele Betroffene Magen-Darm Probleme, die meisten jedoch klagen über andere chronische Erkrankungen, z. B. Rheuma, Neurodermitis, multiple Sklerose. Auslöser ist häufig nicht das Gluten, sondern eine Reihe von Eiweißen (z. B. Amylase-Trypsin-Inhibitoren), die ebenfalls in glutenhaltigem Getreide vorkommen. Hier kann eine Besserung eintreten, wenn man sich glutenfrei und damit ATI-frei ernährt und oftmals ist eine strenge Diät nicht erforderlich.

Eine Allergie festzustellen, ist nicht so aufwendig, es reicht in der Regel ein Blut- und Hauttest.

Was kann man essen?

Es gibt klare Regeln für einen Speiseplan bei Menschen mit nachgewiesenen Allergien oder Intoleranzen. Bei sonstigen Unverträglichkeiten muss jeder durch Ausprobieren für sich individuell herausfinden, was ihm bekommt und was er verträgt.
Gluten- oder laktosefreie Lebensmittel können dabei eine große Unterstützung sein und das Leben wieder lebenswerter gestalten. Sie sollten in der Regel aber nur dann genommen werden, wenn die entsprechende Erkrankung auch nachgewiesen wurde.

Heute gibt es jede Menge gluten- bzw. laktosefreie Nahrungsmittel, was es ermöglicht, einen abwechslungsreichen Speiseplan zu erstellen. Hier hat sich in den letzten Jahren sehr viel zum Positiven geändert, die Angebotspalette dieser Lebensmittel hat sich um ein Vielfaches ausgeweitet. Allerdings sollte auch bedacht werden, dass z. B. glutenfreie Nahrungsmittel oft ungesünder sind als glutenhaltige, weil sie z. B. mehr Ersatzstoffe enthalten. Deshalb sollte man glutenfreie Nahrungsmittel nicht ohne Grund konsumieren.


Katharina Stang

Univ.-Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff

laktosefrei
Eine Allergie festzustellen, ist nicht so aufwendig. Es reicht in der Regel ein Blut- und Hauttest.

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